Alkoholfreies Bier: Vom Ladenhüter zum Lifestyle-Getränk
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Nach einer wenig ruhmreichen, über hundertjährigen Geschichte hat sich alkoholfreies Bier in den vergangenen Jahren einen festen Platz in den Regalen und in den Herzen der Konsumenten erobert. Wie kam es dazu, dass ein lange belächeltes Getränk plötzlich zum Lifestyle-Phänomen wurde?
Wer heute um die zwanzig ist und mit grossem Genuss alkoholfreie Biere trinkt, kann sich kaum vorstellen, wie schlecht das Image – nicht wenige würden sagen, auch der Geschmack – von alkoholfreiem Bier noch bis weit in die Nullerjahre war.
Erstaunlich lange Geschichte
Dabei gibt es alkoholfreies Bier schon viel länger, als man meinen könnte. Die Brauerei Haldengut in Winterthur hat bereits 1908 eine alkoholfreie Alternative zu Bier hergestellt. Mit mässigem Erfolg. Das aus Malz und Hopfen gebraute «Perplex» verschwand schon nach fünf Jahren wieder vom Markt.
Auch Rennfahrer-Legende half nicht
Den nächsten ernst zu nehmenden Versuch unternahm die Brauerei Gurten 1930 mit dem «Ex-Bier» als Reaktion auf die in diesen Jahren aufkommende Anti-Alkohol-Bewegung. 1965 folgte das «Oro» von der Brauerei Hürlimann, das später in «Birell» umbenannt wurde. Aber selbst mit dem Autorennfahrer Clay Regazzoni als Werbeträger blieb «Birell» ein Nischenprodukt und nahm nie so richtig Fahrt auf.
Nicht immer, aber immer öfter.
Auch als die deutsche Binding-Brauerei mit ihrem Clausthaler und dem Slogan «Nicht immer, aber immer öfter» Ende der 1970er-Jahre mit grossem internationalen Werbebudget die Bühne respektive das alkoholfreie Bierzelt betrat, sah es nicht danach aus, als ob die breite Masse jemals freiwillig auf Alkohol im Bier verzichten würde. Alkoholfreies Bier schien für immer ein Getränk für Autofahrer, Aussenseiter und Spassbremsen zu bleiben.

Appenzeller Bier Sonnwendlig mit zusätzlicher Folsäure (Vitamin B9)
Wundersame Wende
Heute ist alkoholfreies Bier gesellschaftlich breit akzeptiert, um nicht zu sagen, ein Lifestyle-Getränk. Das alkoholfreie Biersortiment in den Supermärkten wird von Jahr zu Jahr grösser, und manch einer reibt sich ob dieser Entwicklung verwundert die Augen oder greift sich an den Kopf, wenn er mal wieder aus Versehen ein alkoholfreies Bier gekauft hat – das dann natürlich trotzdem getrunken wird und überraschend gut schmeckt. Womit auch schon ein Hauptgrund genannt wäre, weshalb alkoholfreie Biere schliesslich doch noch in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind: Alkoholfreie Biere schmecken dank neuer Brautechnologien heute viel mehr nach «richtigem» Bier als noch vor zwanzig Jahren.
Das bestätigt im Interview auch Karl Locher von der Brauerei Locher. Hinzu kommen das gesteigerte Gesundheitsbewusstsein und der Fitnessboom. Im Zuge dieser Entwicklungen haben die Brauereien erkannt, dass sie alkoholfreies Bier – insbesondere Weizenbier – als gesundes isotonisches Getränk vermarkten können. So wurden nach und nach neue Zielgruppen erschlossen. Mit der steigenden Nachfrage wuchs das Sortiment, was wiederum die Nachfrage erhöhte und so weiter.

Alles alkoholfrei oder was?
Nüchtern betrachtet, werden in der Schweiz immer noch deutlich mehr alkoholhaltige Biere getrunken. Der Marktanteil alkoholfreier Biere liegt derzeit bei ziemlich genau 7 Prozent. Doch der Trend ist unübersehbar: Während der Bierabsatz im Braujahr 2023/24 in der Schweiz insgesamt um 1,6 Prozent sank, legten die alkoholfreien Biere im selben Zeitraum um beeindruckende 12 Prozent zu. Man darf gespannt sein, wie die Entwicklung weitergeht.
Alkoholfreies Bier und Alkoholprobleme
Wer ein Alkoholproblem hatte, sollte auch alkoholfreies Bier stehen lassen. Das Problem sind nicht die maximal 0,5 Volumenprozent Alkohol im alkoholfreien Bier. Problematisch ist der Biergeschmack, der alte Gewohnheiten und das Verlangen nach Alkohol wecken könnte.
«Früher waren alkoholfreie Biere meist malzig und süsslich»
Der Trend hin zu alkoholfreien Bieren zeigt sich auch bei der Brauerei Locher in Appenzell. Lange war das Leermond das einzige alkoholfreie Bier im Sortiment. Heute gibt es nebst dem Leermond auch das Sonnwendlig, ein Weizenbier, ein Ginger Beer, ein IPA und seit 2024 auch das Quöllfrisch in einer alkoholfreien Version.
Im Interview spricht Brauereibesitzer Karl Locher über die alkoholfreien Anfänge bei der Brauerei Locher, die verschiedenen Verfahren zur Herstellung von alkoholfreiem Bier und über ein Testergebnis vom «Kassensturz».
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Herr Locher, seit wann hat Appenzeller Bier ein alkoholfreies Bier im Sortiment?
Wenn ich mich richtig erinnere, seit 1995. Unser erstes alkoholfreies Bier war das Leermond.
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Was war damals die Motivation, ein alkoholfreies Bier ins Sortiment aufzunehmen?
Es ging vor allem darum, auch den Autofahrern den Biergenuss zu ermöglichen. Gerade während der Fasnacht und auch durch die Zunahme von Verkehrskontrollen entstand eine gewisse Nachfrage.
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Ist das Leermond heute noch dasselbe wie damals?
Nein, da gab es schon gewisse Anpassungen. Das Bier wird zwar immer noch im Vakuumdestillationsverfahren hergestellt, aber die Maschinen und auch die Rezeptur sind anders geworden. Das Bier schmeckt heute frischer und weniger malzig.
«Alkoholfreies Bier erfordert zusätzliche Arbeitsschritte.» Karl Locher
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Schmeckt alkoholfreies Bier heute tatsächlich besser als früher, oder wollte man früher einfach nicht zugeben, dass einem ein alkoholfreies Bier schmeckt?
Das ist Geschmackssache. Früher waren alkoholfreie Biere meist malzig und süsslich. Das mochten viele überhaupt nicht. Heute ähneln sie geschmacklich mehr den Bieren mit Alkohol. Durch die gesteigerte Nachfrage wurde auch mehr in die Entwicklung investiert. Aber wie gesagt: Am Ende ist es Geschmackssache.
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Alkoholfreies Bier hatte lange ein schlechtes Image. Wie überraschend kam für Sie die Trendwende?
Solche Trends vorherzusehen, ist immer schwierig. Aber eigentlich hat diese Entwicklung eine gewisse Logik. Alkoholfreies Bier ist ein natürliches Produkt, das viele Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien enthält. Es ist also viel gesünder als Süssgetränke und die meisten Fruchtsäfte. Insofern ist es wenig erstaunlich, dass gesundheitsbewusste Menschen immer häufiger zu alkoholfreiem Bier greifen.
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Es gibt verschiedene Verfahren, um alkoholfreies Bier herzustellen. Wie macht es die Brauerei Locher?
Bei uns kommen alle gängigen Verfahren zum Einsatz. Die Vakuumdestillation, durch die der Alkohol schonend bei niedriger Temperatur entzogen wird. Die Umkehrosmose, bei der eine spezielle Membran den Alkohol herausfiltert, und die gestoppte Gärung, bei der der Prozess frühzeitig unterbrochen wird, sodass nur wenig Alkohol entsteht.

Karl Locher
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Wäre es nicht effizienter, nur auf ein Verfahren zu setzen, wie es andere Brauereien tun?
Das mag sein. Aber uns geht es nicht in erster Linie um Effizienz, sondern darum, das bestmögliche Bier zu brauen. Je nach Biersorte eignet sich dafür ein anderes Verfahren.
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Was ist eigentlich anspruchsvoller in der Herstellung: ein Bier mit oder ohne Alkohol?
Das natürliche Produkt, das bei der klassischen Bierherstellung entsteht, ist ein Bier mit Alkohol. Alkoholfreies Bier erfordert zusätzliche Arbeitsschritte, um den Alkohol zu entziehen oder die Gärung zu steuern, ohne den typischen Geschmack zu verlieren. Je nach Verfahren kann dies technisch anspruchsvoll sein, da Aroma, Mundgefühl und Balance erhalten bleiben müssen.
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Der Anteil alkoholfreier Biere in der Schweiz ist im Braujahr 2023/24 von 6.1 auf 7 Prozent gestiegen. Wo sehen Sie diesen Wert in zehn Jahren?
Ich gehe davon aus, dass der Trend anhält. Ein Anteil von 15 Prozent erscheint mir durchaus realistisch.
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Der «Kassensturz» hat im Sommer 2024 elf alkoholfreie Biere getestet. Beide Biere der Brauerei Locher schafften es unter die Top 4. Erfüllt Sie das mit Stolz?
Ich sehe diesen Test eher kritisch, weil sich alkoholfreie Biere nur bedingt vergleichen lassen. Das ist ein bisschen so, wie wenn man Salat testen würde und dabei Kopfsalat, Endiviensalat und Gurkensalat probiert. Unsere beiden Biere im Test, das Leermond und das Sonnwendlig, haben beide 0,0 Prozent Alkohol. Erlaubt sind bis zu 0,5 Prozent Alkohol. Es ist um einiges anspruchsvoller, ein gutes alkoholfreies Bier mit 0,0 Prozent hinzubekommen, weil Alkohol ein Geschmacksträger ist. Das wertet unser Ergebnis sogar noch auf. Aber solche Tests sollte man nicht überbewerten.
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Die Brauerei Locher setzt seit Jahren auf Kreislaufwirtschaft. Gilt dieses Prinzip auch für alkoholfreies Bier?
Ja, auch beim alkoholfreien Bier spielt die Kreislaufwirtschaft eine Rolle. Den Restalkohol aus der Vakuumdestillation nutzen wir in unserer eigenen Essigmanufaktur zur Herstellung des CréaCeto Balsamessigs.
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