Andropause: Männer im Tief?

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Der Waschbrettbauch erinnert eher an einen Waschbärbauch. Die Muskelkraft schwindet mehr und mehr, und die Libido scheint sich langsam in den Ruhestand zu verabschieden. Ist das ein normaler Alterungsprozess bei Männern, oder sind auch sie von den berühmt-berüchtigten Wechseljahren betroffen?

Männlichkeit kennt viele Gesichter, und sie durchläuft ganz unterschiedliche Stadien im Leben eines Mannes. Ob Kindheit, Pubertät oder Familiengründung – klar ist, dass sie sich mit dem Alterungsprozess unweigerlich verändert. Ab dem 40. bis 50. Lebensjahr fährt die Testosteronproduktion beim Mann langsam zurück, Kraft und sexuelles Verlangen können nachlassen. Im Gegensatz zur Menopause bei der Frau sinkt die Hormonproduktion bei Männern aber nicht über Nacht, vielmehr lässt sie sich dabei Jahre oder gar Jahrzehnte Zeit.

Der Begriff «Andropause» für dieses Phänomen ist eher eine volkstümliche Umschreibung als medizinischer Fakt: «Streng medizinisch-wissenschaftlich betrachtet, gibt es die Andropause nicht», erklärt Dr. Silke Schmitt Oggier, Chefärztin Telemedizin bei santé24. «Der Begriff wird populärwissenschaftlich aber genutzt, um das Lebensmittetief von Männern zu erklären.»

Zeit der fundamentalen Fragen

Um die 50 ist man(n) häufig an einem Punkt im Leben angelangt, an dem die Karriere stagniert. Die Kinder sind selbstständiger oder bereits aus dem Haus, die Partnerschaft muss neu definiert, vertagte Konflikte und Bedürfnisse müssen geklärt werden. Und plötzlich bleibt im Alltag mehr Zeit – etwa für Fragen nach dem Sinn des Lebens oder für die eigene Gesundheit: «Die psychische Befindlichkeit von Männern verhält sich wie eine U-Kurve und erreicht mit 50 einen Tiefpunkt», so Schmitt Oggier. «Die positive Botschaft: Es geht auch wieder aufwärts.»

Achtsamkeit und Gesundheit wichtig

Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes kommen in diesem Alter nicht selten vor. Sie können nicht nur das Testosteron schneller senken, sondern auch die kleinen Blutgefässe verstopfen: Bekannte Auswirkungen davon sind Erektionsprobleme, aber auch Herzinfarkte und Hirnschläge können vermehrt vorkommen. «Es ist der ideale Zeitpunkt, die eigene Achtsamkeit in den Fokus zu stellen und ein gesünderes Leben anzustreben», sagt Schmitt Oggier. Bewegung, gesunde Ernährung, weniger Alkohol, kein Tabak – all das hilft, die Testosteronrezeptoren wieder auf Touren zu bringen.

«Es ist der ideale Zeitpunkt, die eigene Achtsamkeit in den Fokus zu stellen und ein gesünderes Leben anzustreben.» Dr. Silke Schmitt Oggier

Im Zweifelsfall Hilfe holen

Wer trotz Fitness und gesunder Ernährung merkt, dass die Kräfte schwinden oder das sexuelle Feuer nur noch auf Sparflamme lodert, sollte nicht zögern: «Das kann und sollte beim Hausarzt, Urologen oder in einer andrologischen Sprechstunde abgeklärt werden», rät Schmitt Oggier. Denn manchmal lohnt sich auch eine Testosteron-Ersatztherapie. Mit der gehörigen Portion Selbstfürsorge kann aus dem Männertief also ein spannender Lebensabschnitt werden.

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